Sonntag, 19. September 2010

Zwei Janes auf der Suche nach Tarzan im Nationalpark Taman Negara

Unsere Reise letzte Woche führte uns in den, mit 150 Mio. Jahren, ältesten Nationalpark (Taman Negara auf malaysisch) von Malaysien, mit einer Größe von über 4300km2 (nein, da ist keine 0 zu viel!), über 70 verschiedenen Palmenarten, 200 Tigern, etliche Elefanten, Tapire, Wildschweine, Nashörner, Affen, 600 Vogelarten, 1000 Schmetterlingarten, Leopardenkatzen, Hirsche, Eichhörnchen, Schlangen, Echsen….und eine Menge Blutegel!!

Mittwoch Abend setzten Alice und ich uns in den Nachtzug, der uns dann nach gut 7h Fahrt in Jerantut absetzte. Gebucht hatten wir Superior Class Tickets, die allerdings normale Sitze in die verkehrte Fahrtrichtung, in einem eiskalten Zugabteil waren. An den beiden Grenzen mussten wir wieder 2x aussteigen, jedoch wunderten wir uns, dass wir keinen Stempel in unseren Pass bekamen. Anscheinend ist es egal wenn man mit dem Zug ausreist?? Keine Gepäckkontrolle, nichts!? Angekommen um 2.30 in der Nacht, blieb uns nichts anderes übrig als die Zeit bis 5.30, wenn der erste Bus nach Kuala Tahan, dem Basisdorf zum Dschungel, abfuhr, Tod zu schlagen. Geschlafen haben wir, wie man annehmen kann nicht wirklich und so machten wir es uns so gut es geht „gemütlich“.

Pünktlich um 7.30 erreichten wir unser Ziel. In Kuala Tahan benötigten wir nun dringend eine Stärkung und hatten Eierspeise und Käse-Roti zum Frühstück. Dann trafen wir noch auf Jule, eine Couchsurferin, die wir in Melaka bei Jordan kennen gelernt hatten, und fuhren mit dem Boot auf die gegenüber liegende Seite des Sugai Tembeling (Fluss) um den Dschungeltrip zu starten. Nach der Registrierung im Wildlife Department machten wir uns um 10h auf dem Weg zum ersten Stopp, dem längsten „Canopy Walk“ der Welt, über 40m über dem Boden! Auf schaukeligen Brücken geht man 500m auf der Höhe der Baumwipfel durch den Dschungel und genießt die etwas andere Aussicht! Auch eine Schlange haben wir dort gesichtet! Anfangs war unsere größte Sorge, von Blutegel angegriffen zu werden und so trafen wir alle möglichen Vorkehrungen, um uns die Biester vom Leibe zu halten: Insektenspray, dann lange Hosen, darüber Socken und anschließend Insekten-Imprägnierungsspray, Laufschuhe und darüber Imprägnierungsspray,…und dann noch den restlichen Körper alle Stunden mit Insektenspray bearbeiten.

Vom Canopy walk ging die Reise, der anfangs noch ein Spaziergang war, weiter und zu diesem Zeitpunkt kamen uns noch viele Touristen entgegen aber je weiter und tiefer wir in den Dschungel gelangen, umso weniger Menschen haben wir auf unserem Weg getroffen. Unser Ziel war die 9,2km entfernte Kuala Trenggau Lodge, von wo wir noch anschließende 2km zum Hochstand Bumbun Kumbang, wo wir die Nacht verbringen wollten, vor uns hatten.
Wir kämpften uns durch den Dschungel, das Dickicht, über und unter umgestürzte Bäume hindurch, über Bäche, Hügel rauf und runter, immer wieder mussten wir eine Rast einlegen, Hunger hat man bei der Luftfeuchtigkeit und Hitze überhaupt keinen, nur Durst. Unseren Wasservorrat mussten wir allerdings gut einteilen, denn mehr als 1,5l trugen wir nicht mit uns. Jule hat längst schon aufgegeben und ist umgekehrt und nun waren wir nur mehr zu zweit unterwegs. Zwei „Owizahrer“ hatten wir allerdings noch immer dabei - unser Backpacks, die uns immer schwerer und schwerer vorkamen.
Schwingend auf der Liane - doch nicht so einfach wie das Tarzan macht! ;P

Die Kilometer wurden nicht weniger. Jeder, der mal einen Kilometer im Dschungel zurückgelegt hat, weiß nun wie weit dies wirklich ist! Wir kämpften weiter und plötzlich blieb unser Herz fast stehen, nachdem unser Puls auf 200 hochgeschossen ist. Der Grund: klick. Ich drehte mich zu Alice, die schon dabei war umzudrehen, um und wir erstarrten. Was war das? Das war doch nicht etwa….? Das kam von rechts, hinter dem Gebüsch nicht mehr als 10m von uns entfernt. Sonst Totenstille im Wald. Was sollen wir tun??? PANIK Attacke! Ruhig bleiben, durchatmen, überlegen, haben wir eine Chance? Kuala Tahan ist mehr als 5km entfernt und die andere Richtung kennen
wir noch nicht. Weglaufen, Schreien, auf einen Baum klettern,… alles keine vernünftigen Optionen. Mit Stock und Messer in der Hand fühlten wir uns ein wenig sicherer, auch wenn wir wussten, dass wir gegen einen Tiger oder jede andere Raubkatze machtlos waren. Nach wenigen Minuten, begannen die übrigen Dschungelgeräusche wieder und beendeten die Totenstille. Nichts war mehr zu hören oder zu sehen. Mit zitternden Knien beschlossen wir den Weg weiter zu folgen, denn wir hatten keine andere Chance.

Nach wenigen Minuten begegneten wir dem Orang Asli Urvolk. Bis hierher hatten wir an die 5h für ca. 5 oder 6km im Dschungel gebraucht! Wir waren sooo froh wieder ein paar Menschen (lebend) zu sehen, in diesen paar primitiven Bambushütten.
Wir gingen zum Fluss und wollten nur mehr weg, weg von dieser Gegend. Endlich kam ein Boot vorbei, das uns mitnahm, flussaufwärts zu unserem ursprünglichem Etappen-Ziel Kuala Trenggau. Warum brachen wir unseren Trip nicht ab nach dieser Begegnung, die uns vielleicht das Leben gekostet haben könnte?
Keine Ahnung ehrlich gesagt. Jedenfalls setzten wir unsere Dschungeltour von dort aus zum Hochstand fort, die uns eine weitere Stunde durch das Dickicht kostete und etlichen Bachüberquerungen inkludierte. Ehrlich gesagt dachte ich nicht, dass wir die Hütte noch erreichen werden, doch irgendwie haben wir uns durchgeschlagen und ließen uns erschöpft auf den harten Holzbetten nieder. Wir hatten noch 2,5h bis zur absoluten Finsternis (ab ca. 19h15) und beobachteten die Lichtung des Urwaldes vom Hochstand. Psssssssst....ab jetzt leise sein, damit sich vielleicht das eine oder andere "größere" Tier zeigt.

Leider Fehlanzeige! Außer dem Urwaldgeräusch konnten wir allerdings nichts mehr wahrnehmen. Dann kam das Gewitter näher und näher und entwickelte sich zu einer Untergangsstimmung.

Schade, dass gerade heute keine anderen Touristen den Weg zu unserem Hochstand
wagten und wir nun die Nacht alleine durchstehen mussten. Anfangs dachten wir noch wir können uns nun 12h erholen und Kraft für den nächsten Tag tanken, doch hochgerechnet hatten wir vielleicht 4-5h geschlafen nachdem wir alle 30-60min hochgeschreckt sind und von den Tiergeräuschen und dem Donnergrollen aufgerissen wurden.

Die Nacht war wahrscheinlich die längste unseres Lebens und um 7h30 war sie dann mit dem Sonnenaufgang endlich zu Ende. Frühstück? Einziger Proviant waren noch ein paar Kekse, die von (wahrscheinlich) Fledermäusen angeknabbert wurden, und ein halber Liter Wasser. So schnell wie möglich hier weg!!! Also wieder 2km zurück zum Ufer, allerdings waren die Wege durch den Regen viel schlammiger, die Bäche doppelt so breit und etliche Bäume kreuzten den Weg und fielen krachend um! Die Angst trieb uns immer weiter voran, als ich dann noch tatzenartige Abdrücke am Weg vorfand und wir schafften den Weg in 50min. Endlich wieder am Ufer warteten wir auf ein vorbeifahrendes Boot und ein paar Orang Asli nahmen uns mit nach Kuala Tahan. Wir sind gerettet!!! Wir freuten uns auf nicht mehr als wieder Leute um uns zu haben und ja…endlich eine Dusche und dann Essen!!
unser Erlebnis wurde natürlich am Board des Wildlife Departments festgehalten!

Danach gingen wir vom Parkeingang nochmals einen kurzen Weg durch den Dschungel zu einer Badestelle namens Lumbok Simphon, die allerdings aufgrund des Regens nicht zum Baden geeignet war, aber sonst wahrscheinlich auch nicht wirklich zu empfehlen ist. Wer weiß welche Tiere noch alles hier im Wasser leben? Nach 2 Nächten ohne Schlaf und ca. 6h Dschungelwanderung am Vortag war mit uns nicht viel anzufangen aber wir spazierten noch durch das Resort vom Taman Negara und zum Bumbun Tahan, dem nächsten Hochstand vom Startpunkt. Tiere haben wir dort allerdings keine gesehen. Zur Höhle Gua Telinga sind wir nicht mehr gewandert, da die zurzeit sowieso wegen Steinschlag nicht begehbar ist und die Fledermäuse kennen wir auch schon. Schließlich beschlossen wir zurück zum Hostel „Dakili“ zu fahren, um uns auszurasten für die Nachtsafari. In einem der Floating-Restaurants haben wir dann noch Abend gegessen und um Punkt 20h30 setzten wir uns auf die Rückbank des Jeeps, der uns durch die Palmölplantagen chauffierte. Diesmal waren wir natürlich mit Guide unterwegs und gespannt folgten wir dem Scheinwerferlicht, mit dem unser Guide nach den nachtaktiven Tieren Ausschau hielt.
Die Bilanz nach der 1,5h Tour: Wildschweine, Affen, Leopardenkatze, Kühe, Vögel, und andere Tiere, deren Namen ich nicht kenne ;) Es war wirklich aufregend durch die riesige Palmenlandschaft bei Nacht zu fahren und das Dschungelfeeling noch mal von der etwas sicheren Seite zu erleben. Aber nun war genug vom Dschungel. Eine Nacht noch in Kuala Tanah hinter uns bringen und dann haben wir es hinter uns.

Unser restliches Geld reichte gerade noch aus für einen kleinen Snack in der Früh bevor es mit dem Boot 2h flussabwärts nach Kuala Tembeling ging und von dort weitere 30min nach Jerantut. Die restlichen 2h Wartezeit wurden mit Essen einkaufen verbracht und dann stand uns „nur“ mehr eine 8h Zugfahrt zurück nach Singapur bevor ;) Blutegelbilanz: ein Angriff auf Alice konnte erfolgreich abgewehrt werden, ich wurde zum Glück völlig verschont! Moskitobilanz: Nope,…keine Stiche! Hoch lebe No-Bite Insektenspray!! Der Trip war Adrenalin pur und hat sich auf jeden Fall gelohnt! Auch wenn wir auf die Begegnung mit dem Tiger gerne verzichtet hätten. Wir waren schließlich doch nicht im Zoo, wo Raubkatzen angekettet oder hinter Gitter sind, sondern in der freien Wildnis!

Wer noch ein paar Videos sehen mag, wies tatsächlich im Dschungel aussieht, kann hier noch ein paar Youtube Videos sehen.

Was sonst noch los war letzte Woche: Gym, Morgenlauf, Pool liegen, Gruppenarbeiten,… Dienstags waren wir vom Kurs „Business development – Strategy and Finance“ aus bei der Firma NESTLE und hatten einen Vortrag sowie eine Führung durch die Nestle Niederlassung, die hier als Research und Development Center fungiert. Der Nachmittag war sehr informativ und interessant und wir bekamen einen guten Einblick in Research von der Schweizer Firma. Gestern Abend machten wir nach unserer Ankunft noch einen Abstecher in Chinatown, wo das Laternenfest stattfand, allerdings waren wir zu müde um uns den chinesischen Massen länger auszusetzen.
Heute, Sonntag war ich ein bisschen „Window-Shopping“ in der Orchard Rd, DER Einkaufstraße in Singapur und musste mir mal die größten Malls „Wisma“ und „Takashimaya“ anschaun. Einfach unglaublich, diese Konsumtempel hier! Es gab einen riesigen Promotionbereich für die chinesischen Mooncakes, denn bald findet das Vollmondfest an dem diese Mooncakes verschenkt werden statt. Ich hab natürlich auch den einen oder anderen gekostet und bekam einen scheußlichen Durian-Mooncake als Kostprobe. Ja das hat man davon, wenn man immer alles ausprobieren muss..haha….

PS: Die Fotos zum Blog gibt’s außerdem hier. Allerdings konnte ich von den meisten Dschungelbewohnern (sprich Tiere) keine Fotos schießen :(

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